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Wonach Wir Streben: Reichtum und Schönheit – Teil 1 , Redaktion , 13.09.2017
In diesem zweiten Teil der Auseinandersetzung mit dem menschlichen Streben nach Freiheit, gehen wir auf die zwei verbliebenen Gruppen von Menschen ein, die eingangs erwähnt wurden: Diejenigen, die nach vollkommener Schönheit streben und diejenigen, die nach Geld und Besitz trachten, um sich somit von den Zwängen dieser Welt zu befreien. Ihre Ziele sind durchaus bescheidener als das zuvor beleuchtete Streben nach absolutem Wissen oder der Fähigkeit zu Schaffen. Denn hatten diese eine Auswirkung auf die Menschheit insgesamt (wie z.B. der Kommunismus als DIE gesellschaftliche Ordnungsform), so sind Reichtum und absolute Schönheit in ihrem Geltungsbereich doch stark beschränkt: Es sind rein egoistische Ziele.
Dabei haben die nach Schönheit Strebenden immerzu das Problem, dass Menschen Schönheit unterschiedlich definieren. In Deutschland gilt es als schön, wenn man braungebrannt ist. Menschen sonnen sich bei (jeder) Gelegenheit oder besuchen sogar Sonnenstudios. Im Gegensatz dazu gilt es in ostasiatischen Ländern als schön, wenn die Haut möglichst blass und hell ist. So unterscheiden sich die Schönheitsideale von Region zu Region und von Mensch zu Mensch und von Modesaison zu Modesaison. Was ist also die schönste Schönheit, für die so viele Menschen Zeit, Schweiß und Geld opfern und sich sogar Schönheits-Ops unterziehen?
Nun, vielleicht steckt die Antwort ja bereits in den unterschiedlichen Schönheitsidealen: Es gibt keinen Schönsten bzw. keine Schönste unter uns, sondern nur viele schöne und unterschiedliche Menschen. Allah der Erhabene sagt:
خَلَقَ السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضَ بِالْحَقِّ وَصَوَّرَكُم فَأَحْسَنَ صُوَرَكُم وَإِلَيْهِ الْمَصِيرُ
„Er hat die Himmel und die Erde in Wahrheit erschaffen und euch gestaltet und da(bei) eure Gestalten schön gemacht. Und zu Ihm ist der Ausgang.“ (Sura at-Taghabun, 64:3)
Und das Geld? Die Idee, sich mit Reichtum von (gesellschaftlichen) Zwängen befreien zu können, ist ein verheerender Trugschluss. Durch überwältigenden Reichtum könnte man es schaffen, sich von den durch materielle Werte gesetzten Einschränkungen zu befreien. Also einfach formuliert: Wenn man jeden beliebigen Preis zahlen kann, ohne dass dadurch eine merkbare Auswirkung auf das Gesamtvermögen entsteht, dann ist man von den Fesseln eben jener Preise befreit.
Nehmen wir einmal an, dass ein solcher Reichtum erreicht werden kann. Ist das dann Freiheit? Nein! Krankheiten, Naturkatastrophen, Gewalt durch Mitmenschen und den Emotionen der Mitmenschen ist eine solche Person weiterhin schutzlos ausgesetzt. Hinzu kommt, dass je mehr der Mensch von dem besitzt, was er begehrt, umso mehr sorgt er sich um die Sicherheit dieser Sache. Dies kann sich in einer Liebesbeziehung durch übertriebene Eifersucht ausdrücken oder – wenn wir an Geld und Besitz denken – dann ist der ständig
besorgte Dagobert Duck, dessen Geldspeicher einer Festung gleicht, ein wahrlich fabelhaftes Beispiel. Mit Reichtum, Besitz und dem wirtschaftlichen Erfolg kommen eben die Sorgen und die Ängste. Zwei reale und extreme Fälle sind die Suizide des Milliardärs Adolf Merckle (2009) und des Geschäftsmann René-Thierry Magon de la Villehuchet (2008). Beiden Selbstmorden gingen wirtschaftlicher Misserfolg und finanzieller Verlust voraus. Welchen Preis sind wir also bereit zu zahlen, um eine (unvollständige) Freiheit durch das Geld zu erreichen?