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Wonach Wir Streben: Reichtum und Schönheit – Teil 2 , Redaktion , 20.09.2017
Welchen Preis sind wir bereit zu zahlen, um eine (unvollständige) Freiheit durch das Geld zu erreichen?
Im Quran finden wir viele Stellen, die sich mit Besitz und Reichtum auseinander setzen. Dabei tun sich vier Ayat besonders hervor, da sie nicht nur die Problematiken, die mit Reichtum und Besitz einhergehen können, thematisieren, sondern auch eine Lösung bieten:
إِنَّ الْإِنسَانَ خُلِقَ هَلُوعاً إِذَا مَسَّهُ الشَّرُّ جَزُوعاً وَإِذَا مَسَّهُ الْخَيْرُ
„Gewiss, der Mensch ist als ein ängstlich Ungeduldiger erschaffen. Wenn ihm Schlechtes widerfährt, ist er sehr mutlos; und wenn ihm Gutes widerfährt, (ist er) ein stetiger Verweigerer“ (Sura al-Ma’arij, 70:19-21)
Allah warnt die Menschen davor, dass sie (insbesondere hinsichtlich des Besitzes) als schwache Wesen erschaffen wurden. Reichtum verleitet uns dazu, die wichtigen Dinge im Leben aus den Augen zu verlieren. Man denke an die sogenannten Reichen und Schönen in Hollywood. Was nützt ihnen ihr Reichtum? Wie viele ihrer Ehen halten länger als zehn Jahre und wie viele halten bis zum Tod? Wie viele dieser erfolgreichen Menschen, die Reichtum, „Schönheit“ und Ruhm erlangt haben, die von unzähligen Menschen weltweit beneidet und begehrt werden, wie viele von ihnen versinken im Drogensumpf oder gehen am Alkoholkonsum zugrunde? Wie viele von ihnen haben schon im Rausch ihren Tod gefunden? Wie viele litten und leiden trotz aller Erfolge unter schweren Depressionen?
Wer einige Wochen die Welt des Glanz und Glamours verfolgt, der wird merken, dass nicht alles was glänzt auch schön und gut ist. Anschließend ist es ein leichtes zu verstehen, was Allah meint, wenn Er sagt, dass der Mensch als ein „ängstlich Ungeduldiger“, als ein schwaches Wesen erschaffen wurde. Die genannten Beispiele machen deutlich, was die nächsten beiden Ayat schonungslos ansprechen: Mutlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Depressionen, wenn dem Menschen etwas Schlechtes widerfährt, insbesondere finanzieller Verlust. Auf der anderen Seite finden wir dann Geiz und Egoismus, wenn dem Menschen etwas Gutes widerfährt, er also wirtschaftlichen Erfolg verzeichnet. Interessant ist auch zu sehen, wie paradox Menschen sich verhalten. In Zeiten des Verlustes verlieren sie ihren Mut und schieben die Schuld schnell auf andere, im Zweifelsfall auf Gott selbst. In Zeiten des Gewinnes hingegen sind sie selbst diejenigen, auf die dieser Gewinn zurückzuführen ist, weshalb prinzipiell niemand das Recht hat, an diesem Gewinn teilzuhaben. So führt Allah uns vor Augen, welche Gefahren Reichtum und Besitz mit sich bringen.
Ist die Lösung nun, dass wir alle in Armut leben sollen? Nein, Allah nennt uns die Lösung, mit der auch das höchste Grad an Freiheit, welches wir auf Erden erlangen können, einhergeht:
إِلَّا الْمُصَلِّينَ
„außer den Betenden“ (Sura al-Ma’arij, 70:22)
All die zuvor genannten Mängel und Schwächen werden hinfällig, wenn es um die Betenden geht. Denn das Gebet ist eine Quelle der Geduld und des Bewusstseins über sich selbst. Es ist eine Erinnerung und Ausdruck tief empfundener Dankbarkeit unserem Schöpfer gegenüber. Eine Erinnerung daran, dass Allah uns in schöner Gestalt in eine Umwelt erschaffen hat, die uns dienstbar gemacht wurde. Eine Erinnerung daran, dass Allah uns ein Buch offenbart hat, in welches das gesamte Wissen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft eingeflossen ist. Ein Buch, auf das wir uns verlassen können.
Kein Mensch wird jemals vollkommen frei sein. Wenn er erkrankt, dann leidet er unter Schmerzen. Wenn ein Mensch aus dem Fenster springt, dann hat er nicht die Freiheit, sich auszusuchen, in welche Richtung es danach weiter geht. Er wird zu Boden fallen, die physikalischen Gesetze und nicht sein Wille werden die Richtung bestimmen.
Was bietet Allah uns also an? Er bietet uns an, uns von den Fesseln zu befreien, die wir uns selbst angelegt haben. Wer in sich selbst gefangen ist, der wird niemals frei in einer Welt leben können. Allah zeigt uns einen Weg, auf dem unseren Herzen die Fessel genommen werden und wir in die Lage versetzt werden, frei in einer Welt zu leben, egal wie die Rahmenbedingungen aussehen. Das ist der höchste Freiheitsgrad, den ein Mensch erreichen kann.
اتْلُ مَا أُوحِيَ إِلَيْكَ مِنَ الْكِتَابِ وَأَقِمِ الصَّلَاةَ إِنَّ الصَّلَاةَ تَنْهَى عَنِ الْفَحْشَاءِ وَالْمُنْكَرِ وَلَذِكْرُ اللَّهِ أَكْبَرُ وَاللَّهُ يَعْلَمُ مَا تَصْنَعُونَ
„Verlies, was dir vom Buch (als Offenbarung) eingegeben wird, und verrichte das Gebet. Gewiss, das Gebet hält davon ab, das Schändliche und das Verwerfliche (zu tun). Und das Gedenken Allahs ist wahrlich größer. Und Allah weiß, was ihr macht.“ (Sura al-Ankabut, 29:45)